KitaS
Neubau einer ‚Kneipp-Kita‘ in Brandenburg
Unmittelbar neben dem Dorfkern von Teschendorf und angrenzend an das Gewerbegebiet liegt das Grundstück für den Neubau der ‚Kneipp-Kita‘. Die Umgebung ist somit geprägt von einer heterogenen Bebauung mit Einfamilienhäusern und kleinteiligen Hofstrukturen einerseits und großmaßstäblichen Gewerbehallen andererseits. So entsteht an dieser Stelle ein Straßenbild, welches einen räumlichen Zusammenhang vermissen läßt. Ziele des Konzept-Entwurfes sind es daher einen angemessenen Übergang zwischen den beiden Bebauungsformen bei gleichzeitiger Wahrung eines kindgerechten Maßstabs herzustellen, das Grundstück gegen Lärm vom benachbarten Gewerbehof abzuschirmen und die straßenräumliche Situation auszuformulieren um so eine dem Dorfcharakter angemessene Situation zu schaffen.
Als Reaktion auf diese Zielsetzungen wird ein langer, riegelförmiger Baukörper entlang der östlichen Grundstücksgrenze positioniert. Dies ermöglicht zum einen die Abschirmung gegenüber dem angrenzenden Gewerbehof und schafft zum anderen eine klare Ausrichtung des Gebäudes in Richtung des Dorfes. Dem Riegel ist, dem Programm entsprechend, ein weiterer Gebäudeteil vorgelagert. Diese Aufteilung läßt eine visuelle Verbindung zum Dorf und in Richtung des Festplatzes zu und es entsteht darüber hinaus eine intime, den Nutzern des Gebäudes angemessene Eingangssituation. Durch das Abrücken der Gebäudevolumen von der Straße, wird zudem eine Platzsituation vor der Kita geschaffen. Dieser Platz lädt zum verweilen ein und schafft gleichzeitig eine, für alle Nutzer angenehme Distanz zur Straße. Der Verkehr wird an der rückwärtigen Seite der Gebäudes vorbei geführt. Zusätzlich wird eine Kiss-and-Ride Zone angrenzend an die Straße am See eingeführt, um den Eltern die Möglichkeit zu bieten während der Bring- und Abholzeit kurzfristig zu parken.
Ausgehend vom pädagogischen Konzept der Kita wurde ein Cluster entwickelt, welcher den verschiedenen Anforderungen der unterschiedlichen Konstellationen räumlich entspricht. Zwei Gruppenräume mit je einem Nebenraum bilden zusammen mit den dazugehörigen Funktionsräumen wie WC und Lager einen Cluster. Die Räume sind entlang eines innenliegenden, zentralen Erschließungsbereichs organisiert, welcher sich in der Mitte des Clusters aufweitet. Durch flexibel gestaltete Wände lassen sich so verschiedene Raumkonstellationen herstellen. Dies ermöglicht zwei Gruppen bei Bedarf eine gemeinsame Nutzung des gesamten Clusters. Durch die Struktur der Cluster können diese prinzipiell einzeln von aussen erschlossen werden und stellen so jeweils eine eigene Funktionseinheiten dar.
Die Positionierung der beiden Gebäudeteile sowie deren Formgebung ermöglichen eine sinnvolle Gliederung des Grundstücks mit zusammenhängenden, gut überschaubaren Gartenflächen im mittleren und hinteren Teil des Geländes und einem Vorplatz an der Straße am See. Ein zentrales Thema bei der Gestaltung der Freianlagen ist Wasser. Ein „Wasserweg“ führt von den Dachflächen abgeleitetes Regenwasser oberirdisch durch den Kitagarten bis zur Versickerungsfläche und gliedert so zusammen mit verschiedenen Terrassen den Garten. Am Ende dieses Wasserweges befindet sich ein großzügiger Wasserspielplatz (Matschbereich) mit Frischwasserpumpe. Angrenzend an diesen Bereich und die äußeren Ecke des Gartens markierend, sind das Aussenlager für Spielgeräte sowie das „Baumhaus“ situiert. Vom Eingangsbereich der Kita ausgehend ist den Gebäuden jeweils eine langgestreckte, überdachte Terrasse vorgelagert. Diese verbinden sich im Zentrum des Grundstücks zu einem gemeinsam nutzbaren Außenbereich. Angrenzend an diese Gemeinschaftsterrasse sind der Kräutergarten, sowie ein Bereich für die Hochbeete verortet. Die Hochbeete schirmen den Krippengarten, welcher unmittelbar an das Krippengebäude anschließt vom Rest des Gartens ab. Der Kita-Spielplatz wird von dem Wasserweg auf der einen Seite und einem Erdhügel mit Rutsche auf der anderen Seite eingefasst und ist so für die Erzieher gut überschaubar. Zwischen Spielplatz, Kräutergarten und Matschbereich, den Gruppenräumen vorgelagert, befindet sich eine Wiese, welche für Gruppenspiele genutzt werden kann. Den hinteren Abschluß des Kitagartens bildet der, unter den bestehenden, großen Bäumen, gelegene Verkehrsgarten.
Der Konzept-Entwurf orientiert sich aufgrund der pädagogischen Ausrichtung der Kita als Kneipp-Kita auch an den 5 Säulen der Kneipp-Philosophie: Wasser, (Heil)pflanzen, Bewegung, Ernährung und Balance. So findet das Thema Wasser nicht nur durch die zentrale Positionierung der Kneipp-Strecke innerhalb des Gebäudes Beachtung, sondern stellt das zentrale Element zur Gliederung der Außenbereiche dar. Wie erwähnt wird Regenwasser von den Dächern abgeleitet und für die (kleinen) Nutzer sichtbar und somit nachvollziehbar über Rinnen durch den Garten geleitet. Eine Nutzung als Kneipp-Strecke im Außenbereich ist dabei denkbar. Wird der Weg des Wassers verfolgt führt er die Nutzer durch den gesamten, offen gestalteten Kitagarten und regt die Nutzer so zur Bewegung an. Im Innenraum wird das Thema Bewegung vor allem durch den sich aufweitenden, organisch geformten Erschließungsraum und die offenen Raumstrukturen innerhalb der Module aufgegriffen. Der Kräutergarten und die Hochbeete sind zentral positioniert und so für alle Nutzer erlebbar und nutzbar. Durch die Lage des Küchenbereichs am Eingang und angrenzend an den Multifunktionsraum kommt diesem eine besondere Gewichtung zu. Das Thema Ernährung kann bspw. durch eine offene, einsehbare Gestaltung der Küche besonders in den Fokus gerückt werden. Durch das Ausgliedern der Krippenräume und durch die riegelförmige Organisation der anderen Kitabereiche mit den, quasi im Garten gelegenen Gruppenräumen, wird den Kindern eine stressfreie, übersichtliche Umgebung mit verschiedenen Rückzugs- und Aktionsmöglichmöglichkeiten geboten. Diese klare Struktur ermöglicht den Nutzer im Alltag eine gute Balance zu finden.
Das Dach stellt ein wichtiges Gestaltungselement des Konzept-Entwurfes dar. Die klar strukturierten Gebäudeteile erhalten ein Schrägdach mit beidseitig niedriger Traufe, um trotz des großen Volumens einen kindgerechten Maßstab zu erzeugen. Gleichzeitig können sich die Gruppenräume so mit einer großzügigen Glasfassade nach Westen zum Garten hin öffnen.
Die zentralen Bereiche der Cluster und andern Funktionseinheiten weiten sich zur Mitte hin auf. Hier werden großzügige Oberlichter eingeführt und es entsteht ein heller und freundlicher Raum, der flexibel und gemeinschaftlich genutzt werden kann. Die daraus resultierende Dachgeometrie erzeugt ein individuelles Bild, welches bei den Kindern und den Bewohnern der Ortschaft eine starke Identifikation mit der Kita erzeugen kann.
Das Dach des am Vorplatz gelegenen Multifunktionsraum faltet sich zum Platz hin auf und stellt damit das Entré des Gebäudeensembles dar. Gleichzeitig wird dieser Raum so zu einem großzügigen Veranstaltungsraum und zu einer starken Adresse innerhalb der Ortschaft.
Entlang der Riegel-Struktur kann das regelmäßige Holztragwerk mit übersichtlichen Spannweiten modular vorgefertigt werden. Auch der Ausbau kann mit flexiblen Wänden innerhalb der Cluster, raumhaltigen Regalwänden und Trennungen in Holztafelbauweise optimiert werden.
Die niedrigen Traufen und weiten Dachüberstände erzeugen einen konstruktiven Holzschutz vor Witterung sowie einen baulichen Sonnenschutz. Das flach geneigte Dach bietet Möglichkeiten für eine Begrünung zur Gebäudeklimatisierung und Regenwasser-Rückhaltung oder für Solaranlagen.
Die regelmäßigen Oberlichter über den Gemeinschaftsbereichen der Cluster ermöglichen eine gute Luftzirkulation für eine gesunde Belüftung des ganzen Gebäudes sowie im Brandfall die Rauchableitung. Begünstigt durch die eingeschossige Ausführung der Kita mit regelmäßigen Austrittsmöglichkeiten für den Notfall, stellt der Brandschutz trotz Holztragwerk keine Herausforderung dar.
Um ausreichende Speichermassen zu erzeugen ist der gesamte erhöhte Sockel massiv ausgeführt. Eine integrierte Fußbodenheizung erzeugt ein angenehmes Raumklima und es besteht zudem die Möglichkeit der Bauteilaktivierung des Sockels imit kühlem Wasser m Sommer. Durch einzeln platzierte, massive Wände z.B. in Lehmbauweise kann zusätzlich weitere Speichermasse erzeugt werden.
Der Konzept-Entwurf schlägt die Umsetzung der Planung in Holzbauweise vor. Durch den Einsatz dieses nachwachsenden Rohstoffes für den Bau ist, im Zusammenhang mit den anderen genannten Maßnahmen wie Regenwassernutzung für Gartenbewässerung und ggf. Toilettenspülung, Bauteilaktivierung, natürliche Belichtung und Belüftung, eine nachhaltige Umsetzung des Projektes möglich. Die konkreten Maßnahmen bezüglich der Gebäudegeometrie sowie der sinnvollen Ausprägung aller Bauteile können zusammen mit einer Planung nach aktuellen Energie- Einsparstandards sowohl den Primär-Energiebedarf als auch den aktiven Energieverbrauch auf ein Minimum reduzieren.
Ort
Teschendorf, Brandenburg
Zeitraum
2019
Status
Wettbewerb
Typus
Bildung, Landschaft
Konstellation
Freelancearbeit für Bolles+Wilson GmbH & Co.KG
Team
Jack Wilson, Chris Gieseke